Die Firma Schimmel

Der Geburtsort der Aromen- und Duftindustrie

Die Ursprünge des heutigen Unternehmens Bell Flavors & Fragrances Europe liegen im frühen 19. Jahrhundert in Leipzig, Deutschland. 1829 als Schimmel & Co. gegründet, wurde das Unternehmen bald zum weltweit führenden Unternehmen für Aromen und Duftstoffe, eine Position, die es über 100 Jahre lang innehatte.

Leipzig war im 19. Jahrhundert das Zentrum der ätherischen Ölindustrie und damit des Know-hows in der Verarbeitung von Pflanzen und anderen Naturprodukten. Extrakte und Destillate wurden aus Wurzeln wie Engelwurz und Ingwer, aus aromatischen Rinden wie Patschuli und Sandelholz und aus duftenden Blüten wie Rose und Jasmin hergestellt.

1870 gründete Schimmel die erste wissenschaftliche Bibliothek, die sich der Sammlung aller bekannten Bücher, Informationen und Literatur zu ätherischen Ölen, Parfüms, Aromen, Aromachemikalien und Pflanzen widmet. Es ist heute mit über 40.000 Bänden die weltweit größte Informationssammlung zu dieser Branche.

1879 wurde das allererste Forschungslabor in der Branche der ätherischen Öle von Schimmel gegründet, und vom ersten Tag an wurden bahnbrechende Entdeckungen und Erfindungen gemacht. Hier wurden beispielsweise die Isolierung von Citral aus Zitronengras zur Herstellung von Ionon und die erste Destillation von Irisöl hergestellt. Bis 1929 hatte das Schimmel-Labor 231 neue Inhaltsstoffe entdeckt und identifiziert, die natürlicherweise in ätherischen Ölen vorkommen.

Die bei Schimmel entwickelten wissenschaftlichen Errungenschaften bildeten die Grundlage für die heute noch in der Industrie eingesetzte Technologie. Werke wie The Encyclopedia of Essential Oils, herausgegeben von den Ärzten Gildemeister und Hoffmann

1899; und The Theory of the Extraction and Separation of Essential Oils by way of Destillation, veröffentlicht von Dr. Carl V. Rechenberg im Jahr 1908, wurden zum Standard für die Herstellung und Verwendung dieser Produkte. Herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Terpenchemie wurden gewürdigt, als Prof. Dr. Otto Wallach 1910 den Nobelpreis für Chemie erhielt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Schimmel-Einrichtungen in Ostdeutschland am 1. Juli 1948 enteignet und es wurde ein staatseigenes Unternehmen, dessen Verkauf seiner Produkte nur auf die Länder des Sowjetblocks beschränkt war. In den nächsten vier Jahrzehnten setzte sich die Expansion fort, da die von Schimmel hergestellten Parfüm- und Geschmacksspezialitäten ständig nachgefragt wurden.

1964 hatte die Parfümherstellung eine umfangreiche Erweiterung ihrer Produktionskapazität.

1970 wurde die Syntheseproduktion für Aromachemikalien sehr stark ausgebaut.

1980 wurde eine größere Produktionsstätte für Aromen errichtet. Bis 1985 war das Produktionsvolumen in den Leipziger Werken um 41 % gegenüber dem 1948 produzierten Volumen gestiegen.

Bell hatte die Schimmel-Anlagen nach einem Besuch bei der Treuhandanstalt in Berlin nach der Wiedervereinigung 1990 kennengelernt und Interesse bekundet. Ihre Antwort kam Anfang 1993. Raymond „Buz“ Heinz kehrte daraufhin nach Deutschland zurück und schloss einen Kaufvertrag zur Privatisierung von Schimmel & Co ab. Er gründete die Bell Flavors & Fragrances Duft und Aroma GmbH, die die Schimmel-Einrichtungen am 1. Juni 1993 übernahm beschäftigt 65 Mitarbeiter. Michael Heinz, Sohn von Raymond Heinz, trat 4 Jahre später der Gruppe bei.

Um solch einen unwahrscheinlichen Erfolg zu erzielen, mussten zahlreiche Hindernisse überwunden werden. Nicht zuletzt der fast vollständige Zusammenbruch der ostdeutschen Wirtschaft mit 80 % Arbeitslosigkeit nach der Wiedervereinigung. Von den fast 20.000 verschiedenen Unternehmen, die von der deutschen Treuhandanstalt privatisiert wurden, existierten zum 20-jährigen Jubiläum der deutschen Wiedervereinigung im Jahr 2010 nur noch 200, was einer Ausfallquote von über 99 % entspricht!

Ganz oben auf der langen Liste sehr schwieriger Probleme, wie fehlende Kunden, stand das völlige Fehlen jeglicher Finanzierung und Betriebskapitals. Da die gesamte ostdeutsche Wirtschaft in Trümmern lag, waren die Banken nicht bereit, unter allen Bedingungen Kredite zu vergeben.

Die Suche nach neuen Kunden wurde für das Unternehmen zur obersten Priorität. Es stellte einen Cashflow her, der es ihm ermöglichte, die Mitarbeiter zu bezahlen und Rohstoffe zu kaufen. Es würde zwei sehr lange Jahre dauern, bis normale Bankbeziehungen aufgenommen und Kredite mit der persönlichen Bürgschaft von Raymond und Michael Heinz gesichert werden konnten.